Graf-von-Galen-Straße

Die Graf-von-Galen-Straße verbindet die Falkenrotter Straße mit dem Villkuhlenweg und der Oldenburger Straße.

Clemens August Graf von Galen (geboren 1878 auf Burg Dinklage, gestorben 1946 in Münster) besuchte nach Privatunterricht durch Lehrer Wilhelm Arens zusammen mit seinem Bruder Franz 1890 bis 1894 das Gymnasium Stella Matutina in Feldkirch/Österreich, 1894 bis 1896 das Gymnasium Antonianum in Vechta und legte dort das Abitur ab. 1897/98 studierte er als Gasthörer Philosophie an der Universität Freiburg/Schweiz und von 1898 bis 1903 Theologie an der von Jesuiten geleiteten Universität Innsbruck. 1904 wurde er in Münster zum Priester geweiht, war zunächst Domvikar in Münster (1904 bis 1906), von 1906 bis 1919 Kaplan und Kuratus an St. Matthias und St.Clemens in Berlin, 1919 bis 1929 Pfarrer an St. Matthias und 1929 bis 1933 an der Stadt- und Marktkirche St. Lamberti in Münster. In Berlin wurde Galen bald als hingebungsvoller Seelsorger bekannt und geschätzt, der sich insbesondere um die Handwerksgesellen kümmerte und sein Erbe für den Bau eines Gesellenhauses spendete. Er war aktives Mitglied der Zentrumspartei, vertrat den Erzbischof von Breslau im Aufsichtsrat der „Germania“, der größten katholischen Zeitung. Galen publizierte eine Reihe von Zeitungs- und Zeitschriftenaufsätzen sowie ein kleines Buch zu Grundsatzfragen von Staat und Gesellschaft im Sinne der katholischen Staats- und Soziallehre, in dem er Gedanken seines Großonkels, des Mainzer Bischofs Wilhelm Emanuel von Ketteler, und der päpstlichen Enzykliken aufgriff.

1929 wurde Galen von Bischof Poggenburg nach Münster berufen, um den in Teilen ins deutschnationale und nationalsozialistische Lager abdriftenden katholischen Adel Westfalens wieder auf die Linie der Bischöfe zurückzuholen, was nicht gelang.

Galen galt seit 1930 als möglicher Bischofskandidat und wurde im Oktober 1933 Bischof von Münster. Ein bereits gewählter Kandidat hatte wegen der politischen Situation abgesagt, und Galen wagte „auch gegen den Strom zu schwimmen“, wie ein Domkapitular formulierte. Schon 1932 hatte Galen das wahre Gesicht des Nationalsozialismus zutreffend analysiert. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erklärte Galen seinem Klerus, dort Widerstand zu leisten, „wo tatsächlich das Recht verletzt und Wesentliches angegriffen, wo einwandfrei feststeht, dass Wahrheit, Recht oder Freiheit gefährdet werden“ (19.4.1934). Danach richtete er sich selbst durch eine Unzahl von Eingaben und Protesten sowie durch Predigten und Hirtenbriefe an das katholische Volk, das ihn begeistert feierte; auch in weiten protestantischen Kreisen fand er bewundernde Zustimmung. Schon sein Osterhirtenbrief von 1934 gegen den NS-Rassismus wurde als Paukenschlag empfunden. Seine Predigten wurden abgeschrieben und zirkulierten im Geheimen in ganz Deutschland. Weltweite Aufmerksamkeit erregte Galens Protest gegen die Ermordung behinderter Menschen (sog. „lebensunwertes Leben“), die durch ihn in der Öffentlichkeit bekannt wurde, sowie gegen die Vertreibung von Ordensleuten und die Missachtung der Menschenrechte.

So wurde Galen zur Symbolfigur und dem Regime verhasst, gegen den man wegen seiner Verankerung im katholischen Volk nichts zu unternehmen wagte – dies sollte nach dem ‚Endsieg‘ geschehen.

Galen wurde 1946 von Papst Pius XII. zum Kardinal erhoben. Er starb am 22.3.1946 an einem Blinddarmdurchbruch. 2005 wurde er seliggesprochen. (Nach einer Textvorlage von Joachim Kuropka)

In der NS-Zeit trug die Straße den Namen Franz-Seldte-Straße. Franz Seldte (geboren 1882) war im Dezember 1918 Mitbegründer des Wehrverbandes „Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten“. Ab 1933 Mitglied der NSDAP, von 1933 bis 1945 Reichsarbeitsminister. 1947 starb er im Militärgefängnis Fürth vor der Anklageerhebung in Nürnberg.