Münsterstraße

Münsterstraße heißt der Abschnitt der Hauptdurchgangsstraße in Vechta von der Großen Straße bis zur Gabelung Diepholzer und Lohner Straße. Die Straße gehört mit der Großen Straße zum historischen Kern Vechtas. Im Mittelalter führte sie von Norden nach Süden durch die Stadt. Zum mittelalterlichen Vechta gehörten drei Stadttore – von Norden nach Süden: die Klingenhagener Pforte, die Steinpforte und die Alte Pforte. Auf einem Plan von 1637 wird das nördliche Tor „Bremer Pfort“ genannt, das mittlere ist verschwunden, das südliche heißt „Osnabrücker Pfort“. Erst auf einem Plan von 1680 wird letztere als „Munster Pforde“ bezeichnet. Die Umbenennung scheint erst nach dem Bau der Zitadelle durch den münsterschen Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen (reg. 1650–1678) erfolgt zu sein. Namensgebend war nicht mehr die geographische Ausrichtung der Straße, sondern jetzt die schon seit 1252 bestehende territoriale Zugehörigkeit zum Fürstbistum Münster. Noch heute weist die Struktur der Innenstadt gravierende Ähnlichkeit mit jener alten auf. Die Punkte Bremer Tor und „Münstertor“ sind, obwohl die Tore nicht mehr erhalten sind, immer noch Fixpunkte in der Stadt.

Die Straße zwischen Münsterstraße und dem südlichen Stadttor hieß früher Kirchstraße. In einem Stadtplan von 1884 findet man den Namen „Münster Thore“, was den Übergang von der Kirchstraße zur Chaussee nach Lohne meinte. In einem Stadtplan von 1949 findet sich der Name „Münster Straße“, der den Straßenabschnitt zwischen Kirchstraße und Große Kirchstraße betraf. Heute meint die Münsterstraße auch jene Kirchstraße und Große Kirchstraße und grenzt direkt an die Große Straße. Die Benennung erinnert auch daran, dass Vechta ca. 550 Jahre lang politisch zum Fürstbistum Münster gehörte (ca. 1250 bis 1806). Während der NS-Zeit (1933–1945) hieß die Straße Schlageterstraße. Albert Leo Schlageter (1894 geboren in Schönau im Schwarzwald, 1923 gestorben bei Düsseldorf) war im Ersten Weltkrieg Soldat und nach dem Krieg im Freikorps. Als NSDAP-Mitglied war er während der französisch-belgischen Besetzung des Rheinlandes im dortigen Widerstand. Von einem französischen Militärgericht wurde er wegen Spionage und Sprengstoffanschläge zum Tode verurteilt. Nachdem er 1923 auf der Golzheimer Heide bei Düsseldorf hingerichtet worden war, wurde er in rechten Kreisen zum Märtyrer. Die NS-Propaganda machte aus ihm den „den ersten Soldaten des Dritten Reichs“ und begründete damit einen Schlageter-Kult.

Literatur:
Willy Kohl: Vechta unter münsterischer Herrschaft (1252–1803). In: Wilhelm Hanisch, Franz Hellbernd, Joachim Kuropka (Red.): Beiträge zur Geschichte der Stadt Vechta. Band I. Vechta: Vechtaer Druckerei und Verlag, 1992. S. 63–96, mit Bildtafeln.
Manfred Franke: Albert Leo Schlageter: der erste Soldat des 3. Reichs. Die Entmythologisierung eines Helden. Köln: Prometh-Verlag, 1980.