Hermann Pölking-Eiken berichtet dem Publikum von seiner Jugendzeit. Foto: Stadt Vechta/Heyng
Literaturtage 2024

Piele Mucker lässt Realität und Fiktion verschwimmen

Der Wahrheitsgehalt der Geschichte war ein viel diskutiertes Thema des Abends.

„Piele Mucker und die Dinger“ ist eines der bekanntesten Bücher in der jüngeren Geschichte Vechtas. Autor Hermann Pölking ist am Dienstag (12. März) im Rahmen der Vechtaer Literaturtage in die Kreisstadt zurückgekehrt, um die Neuauflage seines Werkes von 1981 vorzustellen. Die Lesung fand an einem der wichtigsten Schauplätze des Buches statt, dem städtischen Rathaus. Dieses befindet sich am Standort der früheren Alexanderschule, die die Figuren des Buches besuchen.

Die Geschichte spielt ausschließlich in Vechta und viele Menschen haben sich laut Pölking in den Figuren geglaubt wiederzufinden. So kam es beim Erscheinen der Erstauflage zu einem Rechtsstreit. Pölking berichtete, dass eine Person aus der Vechtaer Mühlenstraße den Verlag verklagt habe. Diese habe sich in der Titelfigur erkannt.

Auf Rat des Richters sei laut dem Autor ein Vergleich geschlossen worden. Den Rest der Auflage habe er verkaufen dürfen, aber bei einer Neuauflage hätte der Titel geändert werden müssen. „Das wollte ich dann nicht“, betonte Pölking. Mittlerweile ist es ihm möglich, das Buch mit einem anderen Verlag neu herauszubringen.

Pölking erzählte im Foyer des Rathauses von seiner Kindheit in Vechta. Er habe damals am Bremer Tor gewohnt. „Das war für Vechta wie der Time Square in New York oder der rote Platz in Moskau“, witzelte er. Neben den Erzählungen des Autors hörte das Publikum auch eingesprochene Abschnitte des Buches. Schauspieler Peter Kaempfe hatte diese im Vorfeld aufgenommen.

Der Wahrheitsgehalt der Geschichte war ein viel diskutiertes Thema des Abends. Hermann Pölking stellte klar, sein Buch sei weder autobiografisch noch fiktional. „Piele Mucker und die Dinger“ sei eine Parabel. Die Geschichte behandle den „Geldfetisch“ aus dem zweiten Band des Werkes „Das Kapital“ von Karl Marx. Mit diesen Büchern habe er sich in den 1970er-Jahren intensiv beschäftigt.

Die Figur Piele Mucker herrscht in dem Buch durch Gewalt und Stärke. Durch den Einfluss der titelgebenden „Dinger“ als Währung entstehe laut Pölking auf dem Pausenhof eine frühkapitalistische Gesellschaft. Das daraus resultierende „geschäftige Treiben an der Alexanderschule“ sei das einzig wirklich wahre Element der Geschichte. Bei den geheimnisvollen Dingern habe es sich lediglich um ausgestanzte Mittelstücke von Vinyl-Platten gehandelt. Das habe er jedoch erst viel später erfahren. „Vielleicht wussten es einige. Ich habe es jedenfalls damals nicht gewusst“, erklärte der Autor.

Pölking müsse jedoch zugeben, dass er nicht nur eine Parabel schrieb. Auch Traumata seiner Kindheit habe er in dem Werk verarbeitet. Das sei auch der Grund, warum er sich weigerte die Namen der Figuren zu ändern. Die Inhalte des Buches scheinen also sehr unterschiedlich nah an der Realität gewesen zu sein. Dennoch sagte Pölking abschließend: „Wenn ich in die Gesichter der Nachbarsjungen von früher sehe, muss ich sagen: Ein bisschen schäme ich mich auch für die Lügengeschichten.“